Solarthermische Kollektorsysteme gelten als zukunftsweisende Technologie für die Bereitstellung erneuerbarer Hochtemperaturwärme. Im Vergleich zur Photovoltaik bietet solarthermische Energie den Vorteil, dass sie effizient gespeichert und zeitversetzt genutzt werden kann – etwa zur Versorgung industrieller Prozesse oder zur Stromerzeugung. Aufgrund ihrer hochkomplexen technischen Struktur ist der Automatisierungsgrad dieser Anlagen bislang jedoch gering, was insbesondere auf die schwierige Modellierbarkeit und geringe Nachvollziehbarkeit der thermischen Prozesse zurückzuführen ist.. Genau hier setzte AuSeSol-AI an: Mit dem Einsatz datenbasierter KI-Methoden sollten Betrieb, Wartung und Steuerung entscheidend verbessert werden.
Forschungskonsortium mit industrieller und akademischer Stärke
Das Konsortium bestand aus dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Technischen Universität München (TUM), dem Forschungszentrum Jülich, der Industrial Solar GmbH, Concentrating Solar Power España (CSPS) und fortiss. Gemeinsam untersuchten sie, wie sich große Mengen an Betriebsdaten – insbesondere aus dem solarthermischen Kraftwerk Andasol 3 in Südspanien – durch moderne KI-Verfahren sinnvoll auswerten und nutzbar machen lassen. Dabei ging es um weit mehr als klassische Datenanalyse: Ziel war es, Systeme zu schaffen, die selbstlernend, adaptiv und robust gegenüber Störungen agieren – und so zu einer autonomen Betriebsführung beitragen.
fortiss entwickelt KI für resiliente Energiesysteme
Das Landesforschungsinstitut fortiss brachte seine Expertise aus den Forschungsbereichen Machine Learning und Architectures and Services for Critical Infrastructures ein. Ein zentrales Forschungsthema war die Analyse raum-zeitlich hochaufgelöster Betriebsdaten, die stark schwanken und standortspezifische Besonderheiten aufweisen. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, entwickelte fortiss Modelle, die invariant gegenüber solchen Variabilitäten sind. Entscheidend war dabei die Extraktion aussagekräftiger Merkmale und die Entwicklung geeigneter Distanzmaße, um Muster und Zusammenhänge im Datenstrom erkennbar zu machen.
Darüber hinaus untersuchte fortiss, wie sich Fehlerzustände und Leistungsverluste in solarthermischen Kraftwerken frühzeitig erkennen lassen. Die entwickelten Verfahren zur Anomalieerkennung ermöglichen es, Drifts, Degradationen und andere kritische Veränderungen zu identifizieren, noch bevor diese zu spürbaren Störungen führen. Die KI-Modelle verknüpfen reale Betriebsdaten mit „Smart Data“, also künstlich erzeugten Zusatzinformationen, um den Zustand einzelner Komponenten wie Kollektoren besser zu verstehen und deren Verhalten im zeitlichen und räumlichen Verlauf zu klassifizieren.
Von der Diagnose zur Entscheidung – KI als Betriebsassistent
Ein weiterer Beitrag von fortiss war die Entwicklung eines auf KI basierenden Assistenzsystems zur Entscheidungsunterstützung. Dieses System wertet kontinuierlich Betriebsdaten aus, visualisiert relevante Kennzahlen, wodurch konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können – etwa für die Kalibrierung von Tracking-Systemen, hydraulische Nachregelungen oder den Austausch verschlissener Komponenten. Es unterstützt sowohl kurzfristige Betriebsentscheidungen als auch längerfristige strategische Maßnahmen.
Impulse für die industrielle Umsetzung
Mit AuSeSol-AI wurde ein zentraler Grundstein für den Einsatz von KI in solarthermischen Systemen gelegt. Die Ergebnisse zeigen, wie datengetriebene, lernfähige Algorithmen dazu beitragen können, Effizienz und Verfügbarkeit zu steigern, Ausfallzeiten zu minimieren und Wartungskosten zu senken. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag für solarthermische Technologien und stärkt zugleich die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Forschung und Industrie im Bereich klimafreundlicher Energietechnologien.
Die beteiligten Partner werden ihre Ergebnisse in den kommenden Wochen im Rahmen einer Abschlussveranstaltung sowie in wissenschaftlichen Publikationen präsentieren. Perspektivisch ist geplant, die im Projekt entwickelten Verfahren schrittweise in industrielle Anwendungen zu überführen und so einen nachhaltigen Transfer von Forschung in die Praxis zu ermöglichen.
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