Künstliche Intelligenz

Roboter mit Hirn

fortiss hat für ein Teilprojekt des „Human Brain Project“ einen neuen Simulator entwickelt, mit dem Neurowissenschaftler ihre Hirnmodelle in virtuelle Roboter „verpflanzen“ können.

Das Besondere dabei: Die virtuellen Roboter sind mit einem Gehirn ausgestattet, das mit so genannten gepulsten neuronalen Netzen arbeitet. Diese sind ihrem biologischen Vorbild näher als die aus dem maschinellen Lernen bekannten neuronalen Netze der ersten Generation. Sie versprechen eine bessere Kodierung von Nervenimpulsen und somit eine feinere Abstimmung von Bewegungen. Die Idee: Wenn Roboter sich ähnlich wie Menschen bewegen, können sie in Zukunft leichter gebaut und sicherer gesteuert werden.

Das menschliche Gehirn zu entschlüsseln und zu simulieren, ist das große Ziel des Human Brain Project (HBP) der Europäischen Kommission. Dabei sollen ebenfalls technologische Werkzeuge entstehen, um das Gehirn sowie das Denken und Verhalten von Menschen und Tieren besser zu verstehen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen den Bereichen Biologie, Medizin und Informatik zugutekommen. Die Wissenschaftler in diesen Disziplinen erhalten neue Instrumente, um neuartige Therapien für Hirnkrankheiten zu erforschen und neue Computer- und Robotertechnologien zu entwickeln.

Informations- und Kommunikationstechnologien spielen eine entscheidende Rolle beim HBP, das in verschiedene Sektionen unterteilt ist. Im Teilprojekt Neurorobotik entsteht für Wissenschaftler eine Hard- und Software-Infrastruktur, um Gehirnmodelle mit Robotern zu verbinden und in virtuellen Welten zu erproben. Die Roboter sollen künftig, so die Vision, über Sensoren eine ähnliche Wahrnehmung und Informationsverarbeitung wie ihre biologischen Vorbilder erreichen.


Gepulste neuronale Netze

Für das Projekt haben Neurowissenschaftler ein Hirnmodell der Maus mit 75 Mio. Neuronen entwickelt. Die fortiss-Informatiker haben es in einer vereinfachten Version in ihren Roboter-Simulator integriert. Das Besondere am neuartigen Simulator ist, dass das Roboterhirn mit gepulsten neuronalen Netzen arbeitet. Diese bilden das Verhalten von biologischen Nervenzellen nach, die ihre Signale als kurze elektrische Impulse von Zelle zu Zelle übertragen – vergleichbar einem digitalen Code. Neurowissenschaftler können so die Aktivität von Neuronen studieren, während der Roboter sich in der virtuellen Welt bewegt.

„Mit Hilfe des neuen Simulators können die Kollegen die komplexe Verarbeitung von Bewegungen im Gehirn erforschen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können wir in zukünftige Roboter- oder Rechnerarchitekturen einbringen“, erläutert fortiss-Gruppenleiter Axel von Arnim.

Vorstellbar sind zahlreiche Anwendungen. Eine naheliegende Umsetzung liegt in der Mensch-Maschine-Interaktion und hier im Bereich der Prothetik. „Für uns ist es ein großer Fortschritt, dass wir künftig die Schnittstelle zwischen Körper und Prothese simulieren können. Dank der gepulsten neuronalen Netze sprechen Prothese und Nerven, dieselbe Sprache‘. So könnten wir die künstlichen Extremitäten schneller optimieren als bisher“, führt der Computerexperte aus.


Hintergrund

An der Entwicklung der Neurorobotik-Plattform sind Ingenieure von fortiss federführend beteiligt. Kooperationspartner sind die Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), die TU München, die Scuola Superiore Sant'Anna (SSSUP) in Pisa und das Forschungszentrum Informatik am Karlsruher Institut für Technologie (FZI).

Das von der EU finanzierte HBP startete 2013 und ist in 12 Unterprojekte aufgeteilt. Das Projekt-Konsortium besteht aus über 110 internationalen Forschungseinrichtungen sowie Partnern aus der Wirtschaft. Das Budget beläuft sich auf rund 1 Mrd. EUR. Laufzeitende ist 2023.

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