FarmExpert 4.0

Landwirtschaft im Zeitalter der Digitalisierung

Die bayerischen Landwirt*innen und ihre Berater*innen stehen vor großen Herausforderungen, denn gesetzliche Rahmenbedingungen werden deutlich komplexer, und zahlreiche Ausnahmeregelungen gestalten betriebliche Abläufe zunehmend zeitaufwändiger. Um landwirtschaftlichen Betrieben ein effizienteres und wirtschaftlicheres Arbeiten zu ermöglichen, wurde daher im Rahmen des Forschungsprojekts FarmExpert 4.0 eine unabhängige, digital unterstützende landwirtschaftliche Beratungsplattform ausgearbeitet.
FarmExpert 4.0
Düngeberatung digital: Die Benutzeroberfläche der Beratungsplattform.


Wissen und Zeit als entscheidender Wettbewerbsfaktor

Umfassendes, aktuelles und vor allem kurzfristig verfügbares Fachwissen in allen Bereichen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette ist ein ausschlaggebender Wettbewerbsfaktor und kann nur durch das Zusammenspiel von Digitalisierung und unabhängiger Beratung erfolgreich erreicht werden. Mit der wachsenden Anzahl und Komplexität an Vorschriften sowie den steigenden Ansprüchen des Marktes an die Produktqualität nimmt der zeitliche Aufwand, relevante Informationen zu finden, allerdings stetig zu. Im betrieblichen Alltag haben Landwirt*innen und deren landwirtschaftliche Berater*innen bisher selten Zugang zu strukturierten und digitalen Dokumenten, wie z.B. gesetzliche Regelungen, Fachliteratur oder Betriebsdaten.

Im Fokus von FarmExpert 4.0 steht deshalb die Integration vielfältiger landwirtschaftlicher Daten aus herstellerunabhängigen, öffentlichen oder privaten Institutionen, in einer formalen, einheitlichen Wissensbasis. So kann das Fachwissen den bayerischen Landwirt*innen und Berater*innen in automatisierter und einfacher Form zur Verfügung gestellt und selbst auf mobilen Endgeräten abgefragt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat fortiss gemeinsam mit dem Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern (LKP) und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) ein Entscheidungshilfesystem erarbeitet. Das Projekt wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) gefördert und hatte eine Laufzeit von vier Jahren. Die Forschungsergebnisse wurden von den Projektpartnern Ende Oktober 2020 dem Ministerium präsentiert.


Beispiel Düngung: Wissen mobil verfügbar machen

Gerade bei pflanzenbaulichen Fragestellungen müssen Landwirt*innen oder Berater*innen oft von Hand Fachwissen in Datenquellen nachschlagen und miteinander kombinieren. Die Wissenschaftler*innen haben daher einen praxisnahen Anwendungsfall für die Berechnung der Düngeempfehlung ausgewählt und ein Entscheidungshilfesystem für die Stickstoffdüngung des Winterweizens entwickelt. Die Benutzeroberfläche des Systems zeigt für diesen Kontext die relevanten und aktuellen Fachinformationen auf einen Blick an. Weiterhin werden individuelle Betriebs- und Standortdaten ausgewertet, um unter anderem die Menge und den Zeitpunkt für eine Düngegabe vorzuschlagen.

Neben der Darstellung von relevanten Informationen sollten für den Anwendungsfall auch regionale Erfahrungen und fachspezifisches Expertenwissen erfahrener Berater*innen abgebildet und so für den Benutzer verfügbar gemacht werden. Landwirt*innen, die sich bei ihrer Düngeentscheidung unsicher sind oder eine Bestätigung ihres Vorgehens wünschen, können über das Entscheidungshilfesystem das formalisierte Expertenwissen nutzen, um in einfachen Anwendungsfällen, auch ohne persönlichen Kontakt zu ihren Berater*innen, eine fundierte und standortangepasste Düngung und damit eine erhöhte Stickstoffeffizienz zu erreichen.

Auf dem Weg zu diesem Ergebnis wurde zunächst ein prototypisches Entscheidungshilfesystem entwickelt und in Modellbetrieben evaluiert. Die durch Befragung von und im Austausch mit Expert*innen, Landwirt*innen und Berater*innen gewonnenen Erkenntnisse wurden maschinenlesbar aufbereitet, um das landwirtschaftliche Fachwissen dem gesamten digitalen Netzwerk zur Verfügung zu stellen und universell bearbeitbar zu machen.


Ein unabhängiges Expertennetz ermöglicht die digitale Beratung

Das Forschungsprojekt hat erfolgreich einen Weg aufgezeigt, wie Informationen für Landwirt*innen und Berater*innen in digitaler Form zugänglich gemacht werden können, indem man diese bündelt und fachlich sinnvoll verknüpft.

fortiss hat durch seinen Forschungsbeitrag eine grundlegende Strategie ermöglicht, um vorhandene und in Zukunft noch zu erwartende Digitalisierungstechniken in der Landwirtschaft systematisch verfügbar zu machen. Unter der Leitung von fortiss Kompetenzfeldleiter Dr. Markus Rickert haben die Wissenschaftler*innen das sehr heterogene landwirtschaftliche Fachwissen aus verschiedenen, auch analogen, Datenquellen digitalisiert und maschinenlesbar aufbereitet. Um der Datenkomplexität gerecht zu werden, wurde die formale Beschreibungssprache OWL (Web Ontology Language) genutzt. Sie bietet ein semantisches Vokabular, um Fachwissen eindeutig und maschinenverständlich in einheitlichen Datenstrukturen in Form von Ontologien zu modellieren. Mithilfe von Ontologien wird eine Hierarchie an Konzepten und Beziehungen erstellt, um eine Domäne beschreiben zu können. Die OWL-Ontologien werden zur Speicherung, weiteren Verarbeitung und Abfrage in die zentrale Wissensbasis des Entscheidungshilfesystems geladen.

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