Interview

Technik gesellschaftsverträglich gestalten

Vor Kurzem hat das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation, bidt, seine Arbeit aufgenommen. Prof. Alexander Pretschner ist Sprecher des bidt-Direktoriums. Er lehrt Informatik an der TU München und ist ebenfalls wissenschaftlicher Direktor von fortiss. Im Interview beschreibt er die Aufgaben des bidt und erläutert, welche Schnittmengen sich mit fortiss ergeben.


Wie lautet der Auftrag des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation?

Der Auftrag lautet, die digitale Transformation zu verstehen und der Gesellschaft zu helfen, sie zu gestalten. Mit seiner Arbeit will das bidt ein fundiertes Verständnis der Zusammenhänge ermöglichen, damit Entscheidungen für die Zukunft auf objektiver Basis gefällt werden. Will man digitale Transformation passiv und voller Angst erleben oder aktiv gestalten? Das ist die Frage, um die es geht.


Welche thematischen Schwerpunkte hat sich das bidt vorgenommen?

Das bidt ist ein interdisziplinäres Institut, das ist uns wichtig. Wir möchten im Zusammenspiel mit den verschiedenen Disziplinen das Phänomen digitale Transformation verstehen. Zunächst konzentrieren wir uns auf folgende Themengebiete: Wirtschaft und Arbeit, Politik und Recht sowie Medien und öffentliche Kommunikation. Andere Themen sind in der Zukunft natürlich denkbar, etwa Bildung oder Medizin, aber wir können am Anfang nicht alles abdecken.


Wird das bidt auch selbst Forschung betreiben?

Wir haben drei Forschungsbereiche. Erstens, Forschungsprojekte mit dem Schwerpunkt Bayern. Diese werden von Konsortien in ganz Bayern durchgeführt. Zweitens, innerhalb des bidt werden Wissenschaftler an entsprechenden Projekten arbeiten. Und die dritte Art der Forschung wird in einem so genannten „Thinktank“ stattfinden. Dort werden die wissenschaftlichen Mitarbeiter Forschungsergebnisse aufbereiten und verdichten, um Politik und Gesellschaft zu beraten. Wir werden entsprechende Dialogformate entwickeln, um zu erfahren, welche Fragen die Menschen beschäftigen und mit ausgewählten Themen gesellschaftliche Debatten anstoßen.


Welche Schnittmengen sehen Sie zwischen fortiss und bidt?

fortiss macht ausschließlich technische Forschung. Die Wissenschaftler bringen daher technische Expertise ein. Sie beschäftigen sich beispielsweise damit, wie man künstliche Intelligenz organisiert und wie man mit bestimmten Nachteilen vernünftig umgeht. Zum Beispiel wenn intelligente Maschinen über eine gewisse Entscheidungsmacht verfügen. Dagegen hat das bidt bewusst eine sozialwissenschaftliche Ausrichtung, schließt aber an die Technik an: In welchen Bereichen kann man sie verwenden? Wie lässt sie sich gesellschaftsverträglich umsetzen? Auf der einen Seite haben wir also den Technikanteil, und auf der anderen Seite beleuchten wir gesellschaftliche Aspekte. Der Freistaat Bayern hat dies mit der Einrichtung und Förderung der beiden Institutionen sehr gut organisiert. Er setzt hier sehr umsichtig Ressourcen ein, um gegenwärtige und künftige Herausforderungen zu bewältigen. Dass dies auf verschiedenen Ebenen geschieht, wissen wir zu schätzen.


Wie kann fortiss zum gesellschaftlichen Auftrag des bidt beitragen?

Der gesellschaftliche Auftrag des bidt fundiert auf Technik. Diese Technik muss man verstehen und bauen, und dafür ist fortiss da. fortiss kann sich beim bidt um Mittel für Projekte mit anderen Partnern bewerben. Wir haben Mechanismen zum Ausschluss von Interessenkonflikten etabliert. Damit die Beteiligten gemeinsam Technik bauen und verstehen, welche Konsequenzen die Digitalisierung für die Gesellschaft haben kann.


Was sind Ihre Aufgaben als Vorsitzender des bidt-Direktoriums?

Das bidt-Direktorium besteht aus zehn Mitgliedern, die unterschiedliche fachliche Ausrichtungen abdecken. Das Direktorium ist für die inhaltliche Ausrichtung verantwortlich. Der geschäftsleitende Ausschuss des Direktoriums, dem ich angehöre und der die Dinge operativ gestaltet, konzentriert sich auf die vorhin erwähnten drei Themengebiete sowie den Dialog. Zu meinen Aufgaben gehört ebenfalls, das Institut nach außen zu repräsentieren und Ansprechpartner für die politischen Vertreter zu sein.


Wo sehen Sie das bidt in zehn Jahren?

Ich sehe es deutschlandweit und in Europa als ein anerkanntes Forschungsinstitut im Bereich digitale Transformation. Und ich sehe es als die Anlaufstelle für die bayerische Politik, wenn es um tiefergehende Fragen der Digitalisierung geht.


Und wo sehen Sie fortiss?

fortiss ist bereits weltweit anerkannt im Bereich Software-, Systems- und Service-Engineering. Das Institut existiert seit zehn Jahren. Inzwischen bestehen natürlich gewisse Notwendigkeiten, manche Dinge anders zu organisieren, weil man nicht mehr im Start-up-Modus ist. Ich freue mich auch auf die nächsten zehn Jahre bei fortiss!